An Stelle einer Einleitung: Wir wissen nicht, ob Uber lügt oder lügen lässt. Machen Sie sich selbst ein Bild.
Warum nur haben die Uber-Betriebe Probleme Fahrer zu finden? Aus dem Berliner Kurier vom Sonnabend erfahren wir, dass unser netter Kollege Volkan Caliskan bei der Firma Rocvin einen monatlichen Bruttolohn von etwa € 1800,00 bei einer 40-Stunden-Woche mit Fahrten für Uber verdient. Das schafft kein Taxifahrer mit jahrzehntelanger Erfahrung.
Berliner Taxigewerbe: Die Fahrtdienst-Konkurrenten Taxi und Uber
So steht es in der Zeitung.
Caliskan kann nur für Rocvin sprechen.
...
Caliskan, der im Monat 1800 Euro netto bei einer 40-Stunden-Woche verdient kann die Bedenken der Taxifahrer gegenüber Uber kaum nachvollziehen. „Wir sind ein normaler Anbieter. In anderen Branchen funktioniert es doch auch, dass es Konkurrenz gibt.“
Super, rechnen wir mal nach.
Der Kollege verdient bei Steuerklasse 1 monatlich ca. € 2780,00 oder € 33.360,00 im Jahr als Bruttolohn.
Eine 40-Stunden-Woche bedeutet, dass Volkan an 5 Tagen der Woche 8 Stunden arbeitet, natürlich nicht in jeder Woche des Jahres. Er hat als Angestellter Anspruch auf einen Jahresurlaub von mindestens 24 Tagen und er bleibt an Sonn- und Feiertagen zu Hause. Manchmal ist er auch krank. Berliner sind im Durchschnitt an 9 Tagen im Jahr krank. Wir behaupten nur für unsere Berechnung, dass Volkan seltener krank ist, nämlich nur 6 Tage im Jahr. Wenn er an Feiertagen arbeitet, dann hat er an entsprechend vielen anderen Tagen frei und erhält einen Lohnzuschlag für die ungewöhnliche Arbeitszeit. Im Ergebnis fährt Volkan an 222 Tagen je 8 Stunden für Rocvin und Uber. Das sind 1776 Stunden im Jahr.
Sein effektiver Stundenlohn beträgt also brutto € 18,78.
Jetzt wollen wir herausfinden, ob Volkan die Wahrheit über seinen Stundenlohn sagt. Da sich die Betriebskosten eines Mietwagen kaum von denen eines Taxis unterscheiden, können wir ziemlich genau beurteilen, ob seine Angaben plausibel sind. Wir wissen, dass ein Taxifahrer etwa € 21 Umsatz pro Stunde einfahren muss, damit sein Chef ihm im Januar 2019 den Mindestlohn von € 9,19 zahlen kann, ohne selber Miese zu machen.
Daraus folgt: Volkan muss ungefähr€ 43 Umsatz pro Stunde einfahren, damit ihm Rocvin € 18,78 pro Stunde zahlen kann.
Wenn das stimmen würde, gäbe es in Berlin keine Taxis mehr, denn alle Kutscher würden für Uber fahren.
In Wirklichkeit verdienen Uber-Fahrer eher schlechter als wir im Taxi, denn sie sind schlechter ausgebildet, viele von ihnen kennen weder die Berliner Straßen noch die deutsche Sprache, und einige haben mit Sicherheit nicht einmal eine Arbeitsgenehminung.
Kann das sein? Unsere Beobachtungen und die immer häufigeren schlimmen Geschichten, die wir von unseren Fahrgästen hören, lassen keinen anderen Schluss zu. Wenn Taxi-Kollegen verurteilte Schwerverbrecher, von denen sie wissen, dass sie keinen deutschen Pass haben und eigentlich abgeschoben wurden, am Steuer von Uber-Autos erkennen, dann läuft da etwas gewaltig schief. Die meisten Uber-Fahrer sind natürlich keine Schwerverbrecher sondern typische Opfer für die übelsten Ausbeuter, die ihre Notlagen ausnutzen.
Vielleicht sagt Kollege Volkan doch die Wahrheit. Tun wir einmal so, als ob die Welt besser wäre.
Versuch 1
Es gibt im Sinne der Unternehmr "gute" und "schlechte" Fahrer, die mehr oder wenier Umsatz pro Schicht machen. Ist Volkan einfach "besser" als die meisten Kollegen? Schon möglich, aber leider kann er so gut wie behauptet nicht das ganze Jahr hindurch sein. Es gibt schwache Zeiten im Geschäft, die alle regelmäßig treffen, die jeden Tag unterwegs sind.
Versuch 2
Volkan ist der Vorzeigefahrer mit festem Stundenlohn in Höhe von € 18,78, der immer vorgeschickt wird, wenn die Presse anrückt. Kann der Mann rentabel arbeiten? Wohl kaum, es sei denn, er hat viele "private" Stammkunden, große Hotels, die ihn bevorzugt anrufen, und erledigt höherwertige Aufgaben bei Rocvin als das Autobewegen. Und wie geht es seinen Kollegen?
Versuch 3
Wir täuschen uns vollkommen, und Uber vermittelt seinen 2000 bis 3000 Mietwagen in Berlin jede Stunde durchschnittlich Aufträge im Wert von mindestens € 85.000,00 bis € 130.000,00 und erläßt ihnen die Provision. Das ist so gut wie ausgeschlossen, denn das Taxigeschäft würde parallel dazu ebenfalls boomen.
Fazit
Wir können nicht beweisen, wer hier lügt, ob "mit der Wahrheit gelogen wird", und wie massiv genau der Unterschied zwischen dem angeblichen Einkommen von Kollege Volkan und seinem tatsächlichen oder dem Einkommen der mesiten Uber-Fahrer ist. Wir müssen davon ausgehen, dass am Uber-Steuer im Normalfall eher 6 Euro pro Stunde als 18 Euro verdient werden, denn das entspricht ungfähr den Zuständen in Berliner Taxibetrieben.
Fragen an Theresa Dräbing vom Berliner Kurier
Liebe Journalistin,
haben Sie den Lohnzettel von Volkan Caliskan oder andere Gehaltsunterlagen aus der Firma Rocvin oder anderen Mietwagenbetrieben gesehen? In einem Gewerbe, in dem es von Kopf herab stinkt, wo der große Pate deutsche Gerichte einfach ignoriert, wo das Betrügen zum Handwerk gehört und vollkommene Intransparez herrscht, sind alle Angaben mit Vorsicht zu geniessen.
Die wirtschaftlichen und personellen Verflechtungen der Firma Rocvin sind ein eigenes Thema. Welche Kenntnisse haben Sie darüber? Können wir Ihnen eventuell mit Quellen aushelfen?
Wir verstehen, dass Sie die Story an Einzelschicksalen aufhängen. Wie sind Sie zu diesen Menschen gekommen? Was wissen Sie über die Lebensumstände, Loyalitäten und Motivationen Ihrer Gesprächspartner? Verstehen Sie die Notlage, in der sich viele Kollegen bei Uber und am Steuer von Taxis befinden, wozu sie bereit sind, um irgendwie über die Runden zu kommen? Was bedeutet das für die Glaubwürdigkeit ihrer Chef und für ihne eigene?
Weshalb erwähnen Sie nicht, dass in Gestalt von Uber und Taxis ein übernationaler Megakonzern mit einer Einrichtung der öffentlichen Daseinsvorsorge konkurriert?
Taxis sind Teil des öffentlichen Nahverkehrs und ungefähr genauso privat wie die BVG oder die Deutsche Bahn. Bei all diesen Verkehrsmitteln bestimmt die Politik vollständig über Preis, Qualität und Arbeitsbedingungen. Uber hingegen ist angetreten, genau diesen Angeboten im eigenen Profitinteresse den Garaus zu machen, und zwar nicht nur dem "Arschloch Taxi" sondern allen öffemtlichen Angeboten.
Ein Beispiel? Gerne: Geschichte der Straßenbahn von Los Angeles. Das war einmal. Uber ist radikaler als die Totengräber des ÖPNV in L.A.
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Für alle, die es genau wissen und selber nachrechnen möchten folgen die Quellen dieses Artikels.
Berliner Taxigewerbe: Die Fahrtdienst-Konkurrenten Taxi und Uber
DGB - Bundesvorstand - Mindestlohn 2019: Was ändert sich?
TK Länderreport Berlin 2018
Brutto Netto Rechner
Bildquelle: Licenciement von Olivier Le Trouher, Lizenz: CC-BY-ND
#Berlin #Taxi #Uber #Lohn
Nachrichten
1. Lässt Uber lügen?, 21. Januar 2019, 09:58, von AG Taxi
Die Berline Zeitung vom Sonntag, den 20.1.2019 veröffentlicht eine erweiterte Fassung des Artikels.
[Uber gegen Taxi Straßenkampf in Berlin-http://lili.de/u/cabdx]
Dort heisst es:
Wir wissen, dass die durchschnittliche Taxitour etwas weniger als 15 Euro kostet. Die Länge der durchschnittlichen Tour dürfte bei Uber ähnlich sein, nur dass Uber angeblich in der Regel 20% billiger ist. Pro 8-Stunden-Schicht hat Volkan also um die 100 Euro Umsatz. Davon gehen 25 Euro als Provision an Uber, eb bleiben also für 75 Euro den Betrieb, der davon Benzin, Wartungs- und Abschreibungskosten ebenso bestreiten muss wie den Fahrerlohn. Wie so der angebliche Lohn von Volkan in Höhe von über 18 Euro pro Stunde zustande kommt, bleibt rätselhaft.
2. Lässt Uber lügen?, 2. Dezember 2020, 06:32, von Udo Wentowski
Hallo
Das ist genau der richtige Ansatz dementsprechend muss die Firma Rocvin ihren Umsatz angeben ca 1.00000 Euro pro Fahrzeug bei 24 Std Einsatz pro Jahr bei weniger Einsatz dementsprechend also ca 1 Millionen Euro bei 10 Fahrzeugen kann sie es nicht stimmt etwas nicht kann das Finanzamt überprüfen oder genehmigungsbehoerde damit wäre uber und die firma gestorben
3. Lässt Uber lügen?, 7. Dezember 2020, 14:29, von AG Taxi
Es steht zu befürchten, dass in der Krise zuerst die ehrlichen Taxibetriebe zugrunde gehen und am Ende nur die übelsten ausbeuterischen Taxi- und Mietwagenbetriebe übrig bleiben.
Wenn es gelänge, den Belegschaften von Uber-abhängigen Betrieben klar zu machen, dass sie einen Anspruch auf Mindestlohn haben, und ihn auch durchsetzen können, wäre der Spuk schnell zu Ende.
Auskünfte und Beratung für Fahreinnen und Fahrer geben in Berlin das BEMA (Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit, https://www.bema.berlin/ ) und der Taxi-Soziallotsen ( https://txsl.de ). An beide kann man sich telefonisch wenden und wird unmittelbar und unbürokratisch beraten. Beide Einrichtungen sprechen mehrere Sprachen.
Vielleicht können Sie der AG Taxi mit Informationen weiterhelfen, denn wir kommen vor lauter Arbeit in dieser Krise kaum zumn Recherchieren